Die Qual des Wartens

Rückblickend war das Warten auf Untersuchungen und deren Ergebnisse für mich die größte Belastung und Herausforderung während der Krebserkrankung meines Mannes.

Bei all der Routine, die sich im Laufe der Zeit einstellte, konnte ich mich einfach nicht daran gewöhnen. Ganz im Gegenteil, die Anspannung wuchs mit den Jahren. Ich reagierte körperlich: Der Blutdruck stieg, das Herz raste, manchmal war ich so unruhig, dass ich nicht still sitzen konnte. Wenn möglich haben wir die Praxis oder die Klinik verlassen, um an die frische Luft zu gehen oder einen Kaffee zu trinken. Wer große Probleme mit Bluthochdruck hat, nimmt besser entkoffeinierten Kaffee.

Sollte es nicht möglich sein, außerhalb auf das Arztgespräch zu warten, beschäftigen Sie sich! Lesen, rätseln,  stricken, telefonieren… Es gibt viele Möglichkeiten, die scheinbar unendliche Zeitspanne zu überbrücken und sich abzulenken. Wer an etwas anderes denkt, kann nicht gleichzeitig Angst haben oder sich Sorgen machen. Auch bewusstes Ein- und Ausatmen hilft dabei ruhiger zu werden. Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl, beide Füße stehen auf dem Boden, die Hände liegen auf den Oberschenkeln. Arme und Schultern sind so entspannt wie möglich. Schließen Sie die Augen und atmen Sie langsam und tief durch die Nase ein und wieder aus. Konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem. Beobachten Sie ihn, das Heben und Senken des Bauches und der Brust. Gedanken nehmen Sie wahr und lassen Sie vorbeiziehen. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit immer wieder zurück auf Ihren Atem. Mittlerweile gibt es Apps, die Atemübungen anleiten und auf Wunsch daran erinnern.

Noch dramatischer war es, wenn wir die Diagnose nicht anschließend mitgeteilt bekamen, sondern beispielsweise bei Biopsien tagelang warten mussten. Manchmal haben wir darüber gesprochen, was ein positiver Befund für uns bedeuten würde. Meistens sind wir allerdings davon ausgegangen, dass der Kelch an meinem Mann vorbeiziehen würde und haben uns wieder in den Alltag gestürzt. Arbeiten zu gehen hat uns beiden genauso geholfen wie das Kümmern um die Kinder. Auch hier sollte jeder das tun, was ihm am besten hilft. Warum nicht die Zeit mit einem Kurzurlaub am Meer überbrücken? Oder Freunde besuchen? Genau das tun, was man schon immer mal tun wollte? Sich oder dem Partner einen lang gehegten Wunsch erfüllen?

Wir fanden es nervig, von anderen gefragt zu werden, ob die Ergebnisse schon da sind. Deshalb haben wir meist erst mit anderen darüber gesprochen, wenn der Befund bereits vorlag. Auch hier gilt: Richtig ist, was dem Einzelnen hilft. Manch einer übersteht die Zeit des Wartens besser, wenn er viel darüber sprechen kann. Wenn dies nicht in der Familie oder im Freundeskreis möglich ist, kann man Kontakt zum psychoonkologischen Dienst der Klinik, Krebsberatungsstellen, niedergelassenen Psychoonkologen oder Therapeuten aufnehmen. In Gesprächen mit einem Experten kann man sich alles von der Seele reden und nach Unterstützung fragen.

Ein Verzeichnis von Psychoonkologen finden Sie bei der Deutschen Arbeitsgemeinschaft der Psychoonkologen unter http://www.dapo-ev.de

Beim Krebsinformationsdienst können Sie sowohl nach Beratungsstellen als auch nach Psychoonkologen bei Ihnen in der Nähe suchen: https://www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/

Infos zu Biopsie unter https://www.netdoktor.de/diagnostik/biopsie/

Foto: pixabay

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